Specific Performance

Ist eigentlich die Erfüllung "in natura" wirklich der beste Weg,  wenn der Schuldner nicht leistet? Hierzu einige Überlegungen aus rechtsvergleichender Sicht.

SPECIFIC PERFORMANCE - Was ist eigentlich bei Nichterfüllung einer vertraglichen Verpflichtung zu verlangen?

Viele scheinbar selbstverständliche Dinge sind bei genauer Betrachtung so klar nicht.

„Pacta sunt servanda“ – Verträge sind einzuhalten, sagten die alten Römer (von denen unser Recht herzuleiten ist) schon vor 2000 Jahren. Dem Grundsatz nach gilt es so z.B. auch im englischen Recht. Welche Konsequenz aber hat diese Maxime in den verschiedenen nationalen Rechten dieser Welt?

Na klar, wird man also denken, wenn einer was schuldet und diese Verbindlichkeit nicht erfüllt, dann setze ich halt notfalls gerichtlich durch, dass er es macht und vollstrecke über Zwangsgeld oder -haft. So klar das ist, so wenig selbstverständlich gilt es auf globaler Ebene.

Nicht ganz falsch scheint mir folgende Überlegung: Was soll denn das, von einem, der sowieso nicht vertragstreu ist, auch noch krampfhaft die Erfüllung zu verlangen? Er hat doch schon gezeigt, dass er es nicht macht. Zwar mag es schon Fälle geben, wo nur die ursprüngliche Leistung zur Befriedigung der Gläubigerbelange taugt. Insbesondere kann man da an den Immobilienbereich denken, wo es schon darauf ankommt, ob man ein bestimmtes Grundstück nun bekommt oder nicht; oder wenn es halt einen bestimmten beweglichen Gegenstand nur einmalig gibt (z.B. ein Kunstwerk). In aller Regel jedoch macht es wesentlich mehr Sinn zu ermessen, wie hoch der jeweils entstehende Schaden ist und diesen einzufordern; zum Beispiel denke man an die Mehrkosten für einen Deckungskauf, wenn eine gekaufte Ware trotz Mahnung und Fristsetzung einfach nicht geliefert wird. Soll man da wirklich jahrelang auf die Lieferung der Ware klagen – oder ist es nicht sehr viel schneller und effizienter, die Mehrkosten auf dem Wege des Schadensersatzes beim Verkäufer zu liquidieren?

Diesen Effizienzgedanken, der u.a. auch in Art. 75 UN–Kaufrecht zum Ausdruck kommt, teilt seit 2002 m.E. verstärkt auch das deutsche Recht (man vergleiche §§ 323, 280 BGB), jedenfalls aber folgt man ihm sehr weitreichend im Bereich des anglo-amerikanisch beeinflussten Rechts, also fast überall auf der Welt.

Deshalb sollte man in internationalen Verträgen dort, wo das Interesse gerade an der spezifischen, versprochen Leistung (und sonst nichts) besonders hoch ist, zur Vermeidung von bösen Überraschungen vor Gericht, eine Vertragsklausel aufnehmen, wonach  dem Gläubiger ausdrücklich auch das Recht zusteht, vom Schuldner nicht nur Schadensersatz, sondern auch „equitable relief“, also genau gerade die vertragliche Leistung, zu verlangen. Das ist insbesondere auch von Bedeutung, wenn der Schuldner etwa eine bestimmte Handlung vornehmen oder unterlassen soll, praktisch z.B. in Geheimhaltungsklauseln. Gleichwohl sei das Denken im internationalen Bereich insofern immer eher von der Überlegung bestimmt, welchen Schadensersatz man im jeweiligen Fall verlangen kann. Da wiederum sei angeraten, entsprechende vorausschauende Vereinbarungen in den Vertrag aufzunehmen, also etwa bestimmte Schadenspauschalen zu vereinbaren (was übrigens wegen des Risikos richterlicher Inhaltskontrolle eine Kunst für sich ist).

Dr. Axel Schober

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