Ltd. - ungeklärte Rechtsfragen bedenken

Gerade für viele technisch orientierte Betrieb mag der Blick auf die vielgepriesene „Limited“ verlockend sein. Die Ltd. ist aber nicht ungefährlich!

LIMITED? Es drohen ungeklärte Rechtsfragen.

Gerade für viele technisch orientierte Betrieb mag der Blick auf die vielgepriesene „Limited“ verlockend sein. Die Ltd. ist aber nicht ungefährlich!

In den letzten Jahren hat der Europäische Gerichtshof in berühmten Urteilen den Gesellschaften eines europäischen Staates den Weg zur VErlegung des Verwaltungssitzes in andere europäische Staaten eröffnet. Die Grundidee der Gesellschaft als „juristische Person“ (wie z.B. Ltd., GmbH, S.A.R.L., etc.) ist überall verbreitet, indes variieren die gesellschaftsrechtlichen Details von Staat zu Staat nicht unerheblich. Die Verlegung der wirklichen Verwaltung in ein anderes Land wirft für die Gesellschafter sowie auch für die potentiellen Geschäftspartner Probleme auf.

Der satzungsgemäße, also „statutarische“ Sitz kann nicht verlegt werden, jedoch kann es zum Umzug des „effektiven Verwaltungssitzes“ einer Gesellschaft kommen. Nach dem „internationalen Privatrecht“ werden trotz der Verlegung des effektiven Verwaltungssitzes viele für die Gesellschaft extrem bedeutsame Rechtsfragen weiterhin nach dem Recht am „statutarischen Sitz“ beurteilt, also nach dem Recht des Staates, wo die Gesellschaft gegründet wurde. Viele Rechtsfragen einer englischen Limited werden so nach englischem Recht beurteilt, selbst wenn der effektive Verwaltungssitz in Deutschland ist, also die alltäglichen Geschäfte im Wesentlichen nach deutschem Recht beurteilt werden.

So beurteilt sich die Frage der Existenz der Ltd. nach englischem Recht, auf die tatsächliche Verwaltung in Deutschland kommt es nicht an. Können etwa in England förmliche staatliche Akte nicht zugestellt werden oder werden Jahresabschluss und andere einzureichende Unterlagen bei den zuständigen englischen Behörden nicht zeitgerecht eingereicht, droht die Löschung der Ltd.. Wenn also der englische Secretary der Gesellschaft seinen Pflichten nicht nachkommt, kann es passieren, dass in Deutschland fleißig weiter gewirtschaftet wird, es aber in Wirklichkeit die Ltd. und den damit verbundenen rechtlichen Schutz vor persönlicher Haftung gar nicht mehr gibt. Wahrscheinlich haften die Gesellschafter der Ltd. deren Gläubigern dann als GbR bzw. oHG persönlich und gesamtschuldnerisch.

Es wäre falsch anzunehmen, dass es in England keinen Haftungsdurchgriff auf die Gesellschafter gäbe (wie man nach einer Leitentscheidung von 1897 noch vermuten könnte) oder keine persönliche Verantwortlichkeit des Directors. Dem Director obliegen erhebliche Treuepflichten (Fiduciary Duties), die etwa bei Insichgeschäften sehr relevant sind, vor allem aber verschärft sich auch in England der Trend, den Director für Fehler bei der Ausübung seiner Aufgaben in die Haftung zu nehmen. So kennt das englische Recht die Haftungstatbestände des Wrongful Tradings und Fraudulent Tradings, womit nur gesagt sein soll, dass wer eine Ltd. gründet, sich nach englischem Haftungsrecht beraten lassen muss. Als „Wrongful Trading“ läßt sich übrigens wohl auch das verstehen, was bei uns als Insolvenzverschleppung bekannt ist, mit den entsprechenden Haftungsfolgen.

Für potentielle Geschäftspartner der Ltd. ist es ein Problem, wer eine Ltd. mit mehr als einem Director rechtswirksam vertreten kann, weil es im englischen Register keine entsprechende Eintragung gibt wie bei uns. Somit sollte man sich die aktuelle Existenz der Hauptniederlassung sowie die Vertretungsbefugnis des handelnden Directors immer nachweisen lassen.

Wegen der englischen Hauptniederlassung besteht grundsätzlich auch ein Gerichtsstand in England, wo die Prozesse geschätzt 10-mal so teuer sind wie bei uns. Entsprechende vertragliche Gestaltungen sind also nötig.

Dieser kleine, selbstverständlich nicht abschließende  Überblick möge verdeutlichen, dass es viele sehr wichtige, aber noch lange nicht geklärte Rechtsfragen gibt, die zu klären wären, bevor man sich in das „Abenteuer Limited“ stürzt. In 5 Jahren wissen wir da schon wesentlich mehr, weil es dann die obergerichtlichen Entscheidungen zum aktuellen Gründungsboom gibt.

Ltd. heißt nicht nur 2 Sprachen, sondern auch 2 Rechtssysteme! Davon abgesehen finden alle allgemeinen deutschen Normen, wie nur z.B. Gewerberecht oder Arbeitsrecht (mit einer eventuellen Differenzierung bei der betrieblichen Mitbestimmung) ohnehin auch auf die Ltd. Anwendung.

Dr. Axel Schober, Rechtsanwalt

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