Keine Angst vor dem europäischen Wirtschaftsrecht!
Wer meint oder behauptet, das verschiedene Recht in den europäischen Staaten sollte vom Geschäftsverkehr mit unseren europäischen Partnern abhalten, irrt gewaltig. Das heißt nicht, dass man nicht genau hinsehen muss, aber das gilt so auch schon für das interne nationale Recht.
Rechtsgeschichte ist kein dröges Theorienfach, sondern hilft, die aktuellen europarechtlichen Gegebenheiten zu verstehen. Wer etwa weiß, dass unser gesamtes europäisches Recht (Kodifikations- wie Caselaw Systeme) auf dem Römischen Recht fußt (wie dem Corpus Iuris Iustinani), dass es in den großen Rechtsschulen des Mittelalters wie Bologna oder Prag kultiviert und über die römisch katholische Kirche verbreitet wurde, in der man wie an den Universitäten Latein sprach, für den ist es viel weniger erstaunlich, dass schon in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts etwa 80 % des Wirtschaftsrechts in Europa vereinheitlicht war. Machen wir uns also bewusst, dass wir durch den immensen Austausch unter den Juristen der europäischen Länder auf dem Weg zu einer „europäischen Rechtskultur“ sind, die schon rd. 1500 Jahre vor Unterzeichnung der römischen Verträge vom 25.03.1957 ihren Anfang nahm.
In der Praxis kommt man um die Berücksichtigung des EU-Rechts auch national gar nicht mehr herum, etwa im Gesellschaftsrecht (wo es bekanntlich sogar europäische Gesellschaftsformen wie die SE oder EWIV gibt), oder im Zivilprozessrecht (man denke an die europäische VO Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen), aber auch in Gebieten, wo man dies vielleicht prima vista gar nicht vermutet, wie z.B. im Arbeitsrecht.
Hinzuweisen ist auf eine fabelhafte Initiative, mit Wurzeln in 1982, die „Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law – Draft Common Frame of Reference“, wobei ein paneuropäisches Expertenteam („Acquis Group“) aus rechtsvergleichender Sicht heraus an einem einheitlichen europäischen Vertragsrecht arbeitet in 2008 ein entsprechendes Modellgesetz vorlegte (eben den DCFR). Dies zeigt, wie weit die Gedanken schon sind.
So kann man sagen, dass sich Europa auch im Recht längst gefunden hat und Freundschaften wachsen.
RA Dr. Axel Schober, Dresden