Haftung bei Inhaberwechsel

Was passiert mit Ansprüchen gegen ein Unternehmen wenn der Inhaber wechselt - führt “Unternehmenskontinuität” zur “Haftungskontinuität”?

Ob beim Wechsel eines Unternehmensträgers das neue Unternehmen für die Verbindlichkeiten des bisherigen haftet oder der neue Inhaber weißgewaschen ist, ist eine praktisch sehr wichtige, aber bis heute nicht abschließend geklärte Frage. Unternehmen ist dabei die “geschäftliche Einheit”, man könnte sagen im soziologischen Sinne.

Das Problem stellt sich nicht so sehr bei einer GmbH oder AG, weil dort die Anteile übertragen werden können, ohne dass es die “wirtschaftliche Einheit” nach außen berührt (sog. Share Deal). Bei Verschmelzungen gilt der Grundsatz, dass das aufnehmende Unternehmen als Rechtsnachfolger des Aufgenommenen für dessen Verbindlichkeiten haftet. Problematischer wird es dort, wo die geschäftliche Einheit keine selbständige Rechtspersönlichkeit hat, etwa bei einem vom Inhaber geführten Geschäft oder einer GbR, oHG oder KG. Dort werden die Vermögenswerte einzeln übertragen (sog. Asset Deal), d.h. eigentlich bleiben die Verbindlichkeit beim alten Rechtsträger, z.B. dem persönlichen Inhaber, nur dass der u.U. wesentlich ärmer wird.

Was akademisch klingt ist in der wirtschaftlichen Realität ganz wichtig, beispielsweise bei einer “übertragenden Sanierung”. Sollte man aber dem gelegentlichen “Hütchenspiel” findiger Neuinhaber Folge leisten, zumal wenn greifbar ist, dass der alte Inhaber zugleich hinter dem neuen Unternehmen steckt?

Was sagt das Gesetz? Bis 1998 galt nach § 419 BGB, bei Übernahme des Vermögens müsse der Erwerber auch für die Schulden einstehen. Die Vorschrift wurde indes gestrichen. Im kaufmännischen Namensrecht schreibt § 25 HGB die Haftung des fortgeführten Unternehmens vor bei Beibehaltung der bisherigen “Firma”, also des “Namen” (denn mehr heißt Firma nicht). Wer quasi als neuer Inhaber vom bisherigen Namen profitiert, soll haften. Der alte Inhaber bleibt daneben noch 5 Jahre haftbar. Wenn ein neuer Mitinhaber in ein bestehendes Geschäft eintritt, also hinzutritt, lässt § 28 HGB das neue Unternehmen haften, sogar wenn der Name geändert wird. Übrigens kann die Haftung in diesen Fällen bereits durch Eintragung ins Handelsregister ausgeschlossen werden.

Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung gibt es auch bei der Personengesellschaft (oHG, KG und wohl auch für die GbR anwendbar), wonach der Eintretende auch für die Schulden der bestehenden Altgesellschaft haftet, ohne dass dies jedoch ausgeschlossen werden kann. Wer ein Unternehmen im Ganzen übernimmt wird also besser gestellt als der Neueintretende in eine bestehende Gesellschaft.

Im Arbeitsrecht gilt nach § 613a BGB, dass Arbeitsverträge bei Übernahme durch einen neuen Inhaber übergehen; entsprechend auch im Mietrecht gem. § 566 BGB. D.h. hier geht das ganze Rechtsverhältnis über.

In Einzelfällen mag man außerdem an eine Haftung aus einer vorsätzlichen Schädigung der Gläubiger denken, wenn denn gewisse Aspekte des Einzelfalls dies andeuten.

Ein geschlossenes gesetzliches System gibt es insgesamt nicht. Die Frage bleibt spannend. Im Einzelfall ist daher eine genaue rechtliche Überprüfung geboten. Es gilt in jedem Fall, nicht voreilig die Flinte ins sommerliche Korn fallen zu lassen.

© Dr. Axel Schober, Rechtsanwalt, Dresden

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